Für viele Mercedes-Fans und nicht nur für die ist der der Mercedes-Benz 300 SL der ultimative Flügeltürer. Dass der heutige Mercedes-Oldtimer allerdings überhaupt produziert wurde, war keinesfalls von dem Hersteller geplant gewesen sondern ist nur besonderen Umständen zu verdanken
Der originale 300SL wurde bereits für die 1952er Rennsaison entwickelt und diente als Test vor der Rückkehr in das Renngeschehen und um den Namen Mercedes-Benz in den Rennnachrichten zu halten, bis der Hersteller sein neuen Grand Prix Fahrzeug in 1954 fertiggestellt hatte- doch der Auftritt war damals erfolgreicher als gedacht. Die 300SL machten bei der Mille Miglia den zweiten und vierten Platz, beim Rennen in Le Mans und auf dem Nürburgring sowie der Carrera Panamericana Platz 1 und holten bei dem Rennen in Bern gleich die ersten drei Plätze.
Aus dem Rennsport auf die Straße
Eigentlich hatte Mercedes-Benz keine Pläne für eine Serienfertigung des Flügeltürers, doch der amerikanische Importeur Max Hoffman, ein Marketing-Experte und Mann mit vielen Ideen, überzeugte die damaligen Entscheider bei Daimler-Benz, ein Serienmodell anzubieten, und orderte sogleich 1000 Exemplare für den amerikanischen Markt. Der 300 SL war aber ein recht komplexes Auto, dennoch konnte Hoffman mit seiner Hartnäckigkeit Daimler-Benz zu der Kleinserie überreden der 300 SL Flügeltürer war geboren.
US-Modell mkit Extra Features
Das Serienmodell unterschied sich allerdings von dem Rennwagen in einigen Features. So ersetzte eine Bosch Benzineinspritzung übrigens die erste für ein in Serie gefertigtes Auto - den auf den Rennwagen verwendeten Vergaser. Eine handvoll der ersten Fahrzeuge wurden aus Aluminum gefertigt, danach kam die von Karl Wilfert designte Karosserie aus Stahl und erhielt nur einige Karosserieteile wie Türen, Motorhaube und Kofferraumdeckel aus Aluminium. Für die USA erhielten die SLs eigens so genannte Over Riders-Stoßstangenhörner, dazu gab es zahlreiche Features wie eine höhenverstellbare Lenksäule für einen leichteren Einstieg.
Premiere in den USA
Besonders erwähnenswert: Der Mercedes-Benz 300SL war der erste Mercedes, der in den amerikanischen Staaten vor der Premiere in Deutschland gezeigt wurde. Die feierliche Enthüllung fand am 6. Februar 1954 in New York statt und eroberte die Autowelt im Sturm: Der SL für Sport Leicht war mit seiner geschweißten Rohrrahmen-Konstruktion und Einzelradaufhängung rundum ein Pionier.
Leistungsstarker Mercedes mit 257 km/h Vmax
Angetrieben wurde der Flügeltürer von einem 3,0-Liter Reihensechszylinder mit Trockensumpf-Schmierung, Benzineinspritzung und war zur einer Seite geneigt, damit dieser noch unter die Haube des Sportwagens paste. Die Leistung wurde mit 240 PS bei 6100 U/min angegeben, in Deutschland benannte Daimler-Benz die Leistung mit 215 DIN-PS bei 5800 Touren mit der factory-optional oder dealer-installed Sport-Nockenwelle.
Die Kraftübertragung an die Hinterachse übernahm ein Viergang-Schaltgetriebe. Die Höchstgeschwindigkeit gab man seinerzeit mit 161 mph umgerechnet 257 km/h an, die Beschleunigung auf 100 km/h aus dem Stand absolvierte der Flügeltürer in rund acht Sekunden, abhängig von der gewählten Achsübersetzung damit war der 300 SL das schnellste Serienfahrzeug seiner Zeit.
Nur 1400 Exemplare des 300 SL wurden gebaut
Die bemerkenswerten, nach oben öffnenden Flügeltüren des Rennfahrzeuges wurden natürlich in die Serienversion übernommen und war das Markenzeichen des 300 SL. Nach dem Ende der Produktion im Jahr 1957 war die 1.000er Bestellung des amerikanischen Importeurs abgearbeitet, insgesamt wurden 1400 Fahrzeuge zum Teil in Handarbeit gefertigt. Die Nachfrage war stark und bleibt es bis heute, der 300 SL ist einer der begehrtesten Sportwagen und für viele Auto-Sammlungen und Museen das Highlight.
Erstzulassung Kalifornien
Der hier gezeigte 300 SL trägt eine besondere Geschichte, so wurde der Flügeltürer noch nie zuvor öffentlich angeboten. Der Erstbesitzer war Alex Locke, ein US Air Force Pilot, der Medizin an der Stanford Universit studierte und schließlich fliegender Chirurg und praktischer Mediziner in Sacramento, California wurde. Während seiner Zeit bei der Air Force, bestellte er den SL bei einem Autohändler in Fresno, Kalifornien, der den Wagen als Ausstellungsstück in seinem Showroom hatte. Nach der der so genannten Manufacturers Statement of Origin (MSO) wurde Alex Locke 1957 zum offiziellen Erstbesitzer.
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Serienmäßig war der 300SL ausgestattet mit den begehrten Rudge knock off Rädern und der optionalen Sport-Nockenwelle , welche beim Händler vor Ort installiert wurde. Der heutige Mercedes Oldtimer wurde Bildern aus den 1960er Jahren zur Folge auch bei diversen Rennen eingesetzt und trug seinerzeit einen schwarzen Rennstreifen. Alex Locke, einer der Gründungsmitglieder und aktiven Mitglieder der Gullwing Group, genoß seinen Flügeltürer während seiner Karriere bei der Air Force und nahm ihn stets bei seinen Versetzungen mit zum Stützpunkt, so auch nach Texas, Montana & Wisconsin bevor der der Soldat wieder zurück nach Sacramento kehrte.
Dort stand der 300 SL in Dr. Lockes Garage für rund 25 Jahre, bis der heutige Besitzer, ebenfalls ein ehemaliger US Air Force Angehöriger und Flugkapitän a.D., den Wagen von der Witwe schließlich nach einigen Jahren Flehen in 1999 von Mr. Locke erwarb.
Vollrestauration in den USA
Der Flügeltürer hatte in seiner Zeit in Texas eine lackdusche bekommen (die Amerikaner beschreiben das nett mit single exterior refinish), benötigte mittlerweile aber eine komplette Überarbeitung. Die ausgezeichnete Firma Kevin Kay Restorations aus Redding, Kalifornien, wurde für diese Aufgabe ausgesucht, die bis zum Jhar 2003 dauern sollte. Der 300SL wurde wieder in ein klassisches Silver gehüllt und erhielt ein schwarzes Lederinterieur. Ken und Cindy Nemanic von der Vintage Automotive Upholstery aus Walnut Creek, Kalifornien restaurierten den Mercedes Oldtimer mit den letzten, raren Sets des korrekten Roser Leders.
Kosten von über 375.000 Dollar
Insgesamt stecken über 375.000 US Dollar in Teilen und Arbeite in dem 300SL, der sich nun in einer absoluten Show-Qualität präsentiert. Der bekannte 300 SL Experte Pacific Injectors aus Burlingame, Kalifornien, überholte die Einspritzanlage, die Instrumente wurde restauriert und die Skalen stammten natürlich von VDO, dem original Hersteller aus Deutschland.
Apropos original: Bei der Restauration haben die Amerikaner einige Details & Teile fein säuberlich aufbewahrt. So gibt es zahlreiche originale Elemente des 300SL wie den Wagenheber, die Gewichte für die Räder sowie das spezielle Werkzeug dafür. Eine Anekdote am Rande: Dr. Locke hatte seinerzeit Sicherheitsgurte von einem Air Force T-33 Sitz montiert, die sind während der Restauration entfernt worden und an den Sohn des Erstbesitzer geschickt worden.
Der Mercedes-Benz 300 SL Flügeltürer wurde bei der RM Auction im kalifornischen Monterey im August 2011 versteigert. Der erwartete Erlös des unter dem Los 245 angebotenen Mercedes Oldtimer lag bei 650.000 bis 850.000 US-Dollar - der Hammer fiel bei 803.000 Dollar!
Text: Frank Tomczak
Fotos: Darin Schnabel
Mercedes-Fans Facts
1955 Mercedes-Benz 300SL Coupé (W198)
Antrieb: OHC-Reihensechszylinder, 2.996 ccm, 215 DIN PS bei 5800 U/min bzw. 240 SAE-PS bei 6100 U/min, Sport-Nockenwelle, Bosch-Einspritzanlage, Viergang-Schaltgetriebe, Hinterradantrieb
Fahrwerk: Einzelradaufhängung rundum, Trommelbremsen rundum
Räder: 15 Rudge Räder mit Zentralverschluss auf Dunlop SP Sport D8 in 185 VR 15
Sonstiges: 1 of 1400
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