Weltweiter Spitzenreiter im automobilen Luxussegment der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Unter diesem Stichwort kommt wohl nur Einer in Frage, der Mercedes-Benz W 126. Entwickelt unter Bruno Sacco (Stilistik) und Werner Breitschwerdt (Aufbauten) hatte er gleich zwei in der Mercedes-Benz Geschichte berühmte Väter. Beste Voraussetzungen also für seine Karriere als unbestrittener Weltmarktführer in der Oberklasse.
Dauerbrenner in der oberen Angebotspalette
Vorgestellt wurde das Fahrzeug im September 1979 auf der IAA in Frankfurt. Mit zwölf Produktionsjahren und 892.123 gebauten Einheiten war er für Mercedes-Benz der Dauerbrenner in der oberen Angebotspalette.
Vorgaben bei seiner Entwicklung waren die Ziele komfortabler, sicherer und sparsamer als das Vorgängermodell W 116. Seinerzeit neuartige Details wie elektrisch verstellbare Vordersitze wurden angeboten, allerdings mussten heute selbstverständliche Details wie elektrische Fensterheber, rechter Außenspiegel oder Zentralverriegelung noch extra bezahlt werden. Erst allmählich wurde die Serienausstattung aufgewertet, aber selbst 1988 wurden noch V8 Modelle ohne Klimaanlage ausgeliefert.
Beim W 126 wird Sicherheit groß geschrieben
Ein Fahrerairbag wurde erst ab 1981 angeboten, der Beifahrerairbag ab Ende 1987 (Modelljahr 1988). Beim Fahrwerk wurde allerdings die Sicherheit von Anfang an groß geschrieben. So ist der 126er weltweit das erste Modell, das auf einen versetzten Frontalcrash, also einen um 40 Grad versetzten Frontalaufprall bei 55 km/h ausgelegt ist.
Eine Optimierung im Windkanal ergab einen cw Wert von 0,36. Vermehrter Einsatz von Kunststoffen, Titan, Vanadium und Niob sowie ein Leichtmetallmotorblock bei den Achtzylindermodellen wurden zur Gewichtsersparnis eingesetzt. Daraus resultierte ein zunächst um 10% geringerer Verbrauch gegenüber seinem Vorgänger. Ab 1981 wurde der Verbrauch mit der Einführung des so genannten Mercedes-Benz Energiekonzepts (z.B. längere Hinterachsübersetzung) weiter gesenkt.
20 von 35 Formel-Fahrern fahren den W 126
Ob für Politiker, Wirtschaftsmagnaten, Stars von Bühne und Film oder Sport, er gehörte einfach dazu. Filmauftritte mit Spielorten in oberen Gesellschaftskreisen gehörten zu seinem Image. Da durften natürlich auch Namen aus der damaligen Formel 1 nicht als Besitzer zurückstehen. Größen wie Niki Lauda, Keke Rosberg und Nelson Piquet fuhren ihn als Privatfahrzeug, in der Saison 1983 besaßen ihn 20 von 35 Formel-Fahrern.
Man kann sich gut vorstellen, dass dieser erlauchte Rennfahrerkreis wohl auch Paul Wirtgen mit dazu animiert hat, sich etwas näher mit den sportlichen Genen des 126ers zu beschäftigen. Sportlichkeit bei Autos war für ihn immer schon ein großes Thema, schließlich hatte er Ende der 60er Jahre selbst Bergrennen gefahren. Damals ließ er es auf einem FIAT-Abarth 850 TC und einem GLAS 1304TS, getunt von serienmäßigen 85 auf 142 PS, krachen. Sportlich, allerdings ohne Rennen, ging es dann bis 1960 auf Alfa Romeo weiter, zunächst mit einer Giulia Super und einem 2000 GTV. Danach kam der Stern in sein Visier und sollte es künftig mit Fahrzeugen wie einem 300 SEL, einem W 111 Coupe oder einem W 116 280 SE 3,5 auch bleiben.
Paul hat Lust auf Tuning
Anfang 1987 hatte es ihm sein jetziger W 126, ein 500 SE, angetan. Erstbesitzer war ein Bauunternehmer aus Duisburg. Auch er dürfte wohl nicht allzu weit von der großen Welt entfernt gewesen sein. Immerhin leistete er sich sein V8 Repräsentationsfahrzeug bereits 1980, also direkt im ersten Produktionsjahr. Damals wurde im Revier eben noch Kohle gemacht!
Bis Paul den Wagen entdeckte, gab es nur kurzfristig einen weiteren Halter. Sein „neuer“ Stern sollte Paul bis heute nicht mehr verlassen. Als Inhaber einer eigenen Tuningfirma ging er direkt daran, dem Auto sportliche Gene einzuverleiben. Schließlich hatten auch bereits seit 1982 bekannte Tuner wie AMG, Brabus oder SGS durch ihre Umbauten gezeigt, über welches Veredelungspotential der 126er verfügte.
Aus dem W 126 wird ein Sportler a lá Paul
Gleich nach dem Kauf begann Paul, aus dem V8 einen Sportler zu schneidern. Seinerzeit war im Ruhrgebiet D&W der große Name für Tuningausrüstung. Von dort stammt die Kunststoff-Rundumbeplankung einschließlich Kotflügelverbreiterung. Die Felgen wurden umgestellt auf M&H Stahlfelgen. Das Lenkrad wurde ersetzt durch einen Zebrano Volant.
Der Motor bekam eine neue Kurbelwelle, längere Pleuel und wegen der höheren Verdichtung neue Kolben sowie eine AMG Nockenwelle. Der Hubraum vergrößerte sich auf 5,6 Liter. Ansaug- und Auspufftrakt wurden optimiert und die Bosch KA-Jetronik erhielt eine veränderte Düsenbestückung. Damit erzielt die Eleganz-Rakete 330 PS bei 3950 Upm, beschleunigt von 0 auf 100 km/h in weniger als 6 Sekunden und bringt locker 250 km/h auf die Straße. Dabei ist Paul froh, noch die mit 2,82:1 übersetzte Hinterachse zu haben, die wegen Kraftstoffersparnis ab September 1981 auf 2,45:1 verlängert wurde.
Im Jahr 2000 folgte eine große Kur
Ein vergrößerter Ölkühler sorgt für die notwendige Standfestigkeit des Antriebsaggregats.
Bis zum Jahr 2000 blieb das Auto danach unverändert. Danach machte Paul einen Traum wahr, restaurierte den Wagen in 1 ½ Jahren total und baute ihn mit Neuteilen wieder auf. Er wurde um 35 mm tiefer gelegt und erhielt verstärkte Stoßdämpfer, die Felgen wurden ersetzt durch 18 Zoll KCS Alufelgen. Eine zusätzliche Kotflügelverbreiterung war dabei nicht notwendig.
Emotionen und Auto vereint - aber nur im Sommer
Achtzehn Jahre steht er nun in seiner jetzigen sportlichen Eleganz da. Inzwischen hat der Hingucker 206.000 km auf dem Tacho, Er ist ganzjährig zugelassen, wird aber ausschließlich bei trockenem Wetter und dabei etwa 2500 km/Jahr gefahren. Wenn es dann die Straße erlaubt, mal richtig Gas zu geben, und enge Kurven das Salz in der Suppe bilden, kommt für Paul doch hin und wieder das alte Bergrennfieber wieder auf.
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