Liebe kennt kein Alter. Auf die Mercedes-Benz Pagode trifft genau dieser Spruch zu, denn der SL der Baureihe W113 begeistert seit 1963 Mercedes-Fans aller Generationen. Die Pagode wird von jung und alt gefahren. Sie wird restauriert, original gehalten, nach persönlichem Geschmack verfeinert, im Motorsport gefahren oder sogar elektrifiziert. In diesem Jahr darf der SL seinen 60. Geburtstag feiern, denn Mercedes-Benz stellte den 230 SL (W 113) im März 1963 dem begeisterten Publikum vor.
1963 löst der 230 SL (W 113) sowohl 300 SL Roadster wie auch 190 SL ab. Er überzeugt mit Sportlichkeit, Komfort sowie Sicherheit und ist seitdem wegweisend für die SL-Tradition. Das optionale Hardtop mit hohen Scheiben und dem von schmalen Säulen getragenen Dach erinnert durch seine nach innen gewölbte Form an asiatische Tempelbauten. Das bringt dem W 113 den Beinamen „Pagode“ ein.
Die Pagode als komfortabler zweisitziger Reisewagen
Das neue Modell schlägt gewissermaßen einen Mittelweg zwischen den Konzepten des 190 SL und des 300 SL ein: Der Typ 230 SL, intern als Baureihe W 113 bezeichnet, ist weder ein kompromisslos harter Roadster noch ein sanftmütiger Boulevard-Sportwagen, sondern vielmehr ein komfortabler zweisitziger Reisewagen mit hohen Fahrleistungen und optimaler Fahrsicherheit. Lieferbar ist er vom Sommer 1963 an in drei Ausführungen: als offene Ausführung mit einem spielerisch leicht zu bedienenden Faltverdeck, als offene Version mit Hardtop und schließlich als Hardtop-Coupé. Dem Hardtop-Coupé fehlen Verdeck und Verdeckkasten, dafür gibt es mehr Platz für Gepäck. Alle drei Versionen lassen sich offen fahren. Auf Wunsch ist ein Quersitz im Fond erhältlich, wie bereits beim Typ 190 SL.
Herausragend in Sachen Sicherheit
Wegweisend für Sportwagen der Zeit ist das Sicherheitsniveau des W 113. Die Rahmenbodenanlage des 230 SL stammt von den Mercedes-Benz Limousinen der Baureihe W 111. Sie ist gegenüber den Viertürern verkürzt und verstärkt. Die „Heckflosse“ ist 1959 der weltweit erste Personenwagen mit Sicherheitskarosserie, entwickelt vom Mercedes-Benz Sicherheitspionier Béla Barényi. Die „Pagode“ profitiert als erster Sportwagen vom Prinzip der stabilen Fahrgastzelle mit Knautschzonen vorn und hinten. Hinzu kommt die hohe Fahrsicherheit des aus der Limousine übernommenen Fahrwerks. Es ist auf die Ansprüche des Roadsters abgestimmt. Die Federung ist straff und zugleich für einen Sportwagen der 1960er-Jahre fast untypisch komfortabel. Erstmals bei einem SL-Sportwagen ist auf Wunsch ein Viergang-Automatikgetriebe erhältlich. Bereits der 230 SL hat Scheibenbremsen an den Vorderrädern. Ab dem 1967 präsentierten 250 SL ist auch die Hinterachse mit Scheibenbremsen ausgestattet.
Sportliche Motoren sorgen für Freude am Fahren
Mercedes-Benz bietet diesen SL in seiner achtjährigen Bauzeit sukzessive mit drei verschiedenen Motoren an. Das unterscheidet ihn von den Typen 300 SL und 190 SL. Die Motoren dieser beiden ersten, 1954 vorgestellten Seriensportwagen der SL-Tradition sind bis 1963 jeweils nahezu unverändert. Der sportlich ausgelegte Sechszylindermotor M 127 des 230 SL basiert auf dem M 180 des 220 SE. Der Hubraum ist für den Einsatz im SL auf 2.306 Kubikzentimeter vergrößert. Das Aggregat leistet 110 kW (150 PS), die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 200 km/h, und der Sportwagen beschleunigt aus dem Stand in 11,1 Sekunden auf 100 km/h.
Ende 1966 löst der 250 SL den 230 SL ab. Sein Reihensechszylindermotor M 129 verfügt über 2.496 Kubikzentimeter Hubraum. Leistung (110 kW/150 PS) und Höchstgeschwindigkeit (200 km/h) entsprechen dem 230 SL. Allerdings verkürzt das höhere Drehmoment die Beschleunigung von null auf 100 km/h um 1,1 Sekunden. Zudem erhält der 250 SL einen Bremskraftregler, vorn größere Bremsscheiben und zusätzlich an den Hinterrädern ebenfalls Scheibenbremsen.
Der 280 SL als erfolgreichstes Modell
Ein weiterer Unterschied: Der 250 SL ist auf Wunsch mit Coupédach und Fondsitzbank lieferbar. Diese „California“-Ausführung ergänzt die vom 230 SL bekannte Karosserievariante als Roadster mit Stoffverdeck und abnehmbarem Coupédach. Mercedes-Benz zeigt die Version mit Fondsitzbank erstmals im März 1967 auf dem Genfer Auto-Salon. Der „California“ besitzt weder Roadsterverdeck noch Verdeckkasten, um Raum für die hintere Sitzbank zu schaffen.
Der 280 SL mit dem 2.778 Kubikzentimeter großen Reihensechszylindermotor M 130 erscheint 1968. Es ist die dritte und erfolgreichste Version der Baureihe W 113. Die Leistung steigt auf 125 kW (170 PS). Die Beschleunigung von null auf 100 km/h gelingt dem 280 SL in neun Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit liegt nach wie vor bei 200 km/h. Im März 1971 endet die Produktion des W 113 nach insgesamt 48.912 gebauten Fahrzeugen. Hierbei entfallen 19.831 Exemplare auf den 230 SL, 5.196 auf den 250 SL und 23.885 auf den 280 SL.
Die Pagode im Motorsport
Mercedes-Benz setzt den 230 SL auch erfolgreich im Motorsport ein. Herausragend ist der Sieg von Eugen Böhringer und Klaus Kaiser bei der mehr als 5.000 Kilometer langen Marathon-Rallye Spa–Sofia–Lüttich vom 27. bis 31. August 1963. Im Folgejahr erreicht das Duo ebenfalls mit dem 230 SL Platz 3 bei dieser Langstreckenrallye.
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