Lewis Hamilton übertraf sich beim Großen Preis von Monte Carlo wieder einmal selbst. Obwohl ihm das Team früh im Rennen die falschen Reifen mitgab und Hamilton so fast das ganze Rennen stark unter Druck der Konkurrenten stand, sicherte sich der Engländer mit einer fehlerlosen Fahrt den Rennsieg. Das gesamte Wochenende stand unter dem Eindruck des kürzlich verstorbenen Niki Lauda.
Kämpfer Hamilton
Es war wieder so ein typisches Hamilton-Wochenende. Anfangs sah alles danach aus, als ob der Champion in Monaco wieder einmal nicht beosnders gut zurecht kommt. Teamkollege Bottas schien der schnellere der beider Silberpfeil-Piloten zu sein und auch Ex-Champion Nico Rosberg bestätigte, dass die Strecke in Monaco dem Briten Hamilton nicht besonders zu liegen scheint. Und Rosberg muss es wissen nach vielen Jahren als Hamiltons Teamkollege. Am Samstag aber schlug das LH44-Imperium das erste Mal zurück und entriss dem Finnen Bottas die Pole Position um wenige Hunderstel. Hamilton war das erste Mal außer sich vor Freude.
Entscheidende Reifenwahl beim Stopp
Am Rennstart sah alles noch nach einem ungefährdeten Start/Ziel-Sieg für den Weltmeister aus. Das änderte sich erst, als nach einem Reifenplatzer von Ferrari-Pilot Leclerc das Safetycar ausrücken musste. Hamilton und die anderen Top-Piloten nutzten die Chance, um den Pflichtstopp inkl. Reifenwechsel einzulegen. Im Gegensatz zu den Kontrahenten wurden dem Briten aber die weicheren Medium-Pneus aufgezogen, während die anderen die harten Reifen montieren ließen. Das sollte im weiteren Rennverlauf noch eine große Rolle spielen.
Verstappen und Bottas kollidieren in der Boxengasse
Zunächst aber eskalierte das Geschehen in der engen Boxengasse. Bottas, der direkt hinter Hamilton abgefertigt wurde, verlor ein wenig Zeit, während Max Verstappen sehr zügig von seiner Red Bull Crew bedient wurde. In der Folge schickte man den Niederländer just in dem Moment wieder in die Spur, als Bottas von hinten ankam. Beide fuhren einige Meter Seite an Seite durch die Boxengasse und berührten sich sogar, ehe Bottas nachgab. Dabei brach die Felge vorne rechts, was zu einem Reifenschaden und einem weiteren Boxenstopp für Bottas führte. Die Rennleitung wertete den Vorfall als "unsafe Release", also unsicheres Losfahren und brummte Verstappen eine 5-Sekunden-Zeitstrafe auf. Bottas hingegen hatte noch Glück im Unglück und fiel nur auf den vierten Platz zurück.
Hamilton widersteht extremen Druck Verstappens
Sich der Zeitstrafe bewusst machte der zweitplatzierte Niederländer sofort Druck auf Hamilton, um ihn zu überholen und sich ein Zeitpolster herauszufahren. Dieser spürte schon früh, dass seine Reifen nie im Leben bis zum Rennende halten würden und bummelte in der Folge sehr langsam und reifenschonend um den Kurs. Hinter ihm reihten sich die Kontrahenten ein, die im engen Monaco kaum Chancen zum Überholen hatten. Auch als Hamiltons Reifen sichtbar den Geist aufgaben, hielt sich der Brite wacker vor dem angreifenden Verstappen, machte seinem Unmut über die Reifenwahl aber am Boxenfunk lautstarl Luft. In bester Senna-Manier, der dereinst den deutlich schnelleren Nigel Mansell in einem denkwürdigen Finale rundenlang hinter sich halten konnte, blockte Hamilton alle Angriffe des Red-Bull-Piloten ab. In den letzten Runden riskierte Verstappen erwartungsgemäß noch einmal alles und setzte ausgangs des Tunnmels zu einem gewagten Manöver an. Mit blockierenden Rädern rutschte er Hamilton ins Heck, der geistesgegenwärtig den Notausgang nahm und so schlimmeres verhinderte. Beide konnten weiter fahren. Danach war dem Briten der Sieg nicht mehr zu nehmen, woraufhin der Jubel beim Weltmeister keine Grenzen mehr kannte.
Niki Lauda im Herzen
Das ganze Wochenende stand deutlich im Zeichen des in der letzten Woche verstorbenen Niki Lauda. Vor allem im Mercedes-Team, dessen Chairman Lauda über viele Jahre war, widmete man das ganze Wochenende dem Österreicher. Mit einem roten Halo und einem roten Stern auf der Motorverkleidung sowie einem roten Helm von Hamilton gedachte man des dreimaligen Weltmeisters. Aber auch das gesamte Padock und alle Teams hatten Grußbotschaften oder Widmungen parat. Dazu wurden die offiziellen Kappen gegen rote "Niki"-Mützen getauscht. Eine schöne Geste der FIA.
Lewis Hamilton
Das war heute eines der härtesten Rennen in meiner Karriere, einfach unheimlich hart. 20 Runden vor Rennende sah ich keine Möglichkeit, dass ich mit den Reifen bis ins Ziel durchkommen würde. Ich glaubte, dass ich abfliegen würde, so sehr hatte ich mit dem Auto zu kämpfen. Auf den Reifen war absolut nichts mehr drauf und es war unglaublich schwierig, das Fahrzeug auf der Strecke zu halten. Dann dachte ich mir: "Was würde wohl Niki machen?" Ich gab mein Bestes, einfach alles. Ich versuchte, voll konzentriert zu bleiben und keine Fehler zu machen. Ich wusste, dass er mir heute zusehen würde, aber mit Niki an meiner Seite haben wir es geschafft. Ich bin heute mit seinen Helmfarben gefahren und ich wollte ihn nicht enttäuschen. Es lag mir am Herzen, ich wollte an diesem Wochenende für ihn Leistung abliefern und ich war fest entschlossen, unter dem Druck nicht zu zerbrechen. Das war für Niki.
Valtteri Bottas
Mein Rennen wurde in der Boxengasse entschieden. Wir absolvierten während der Safety-Car-Phase einen Doppel-Stopp. Lewis kam zuerst herein, dahinter war ich an der Reihe. Vettel und Verstappen kamen ebenfalls an die Box und als ich wieder auf die Strecke ging, wurde Max zur gleichen Zeit losgelassen und wir fuhren Seite an Seite heraus. Dabei berührten wir uns und ich touchierte die Mauer, weil es keinen Raum zum Ausweichen gab. Dadurch handelte ich mir vorne rechts einen Reifenschaden ein und musste in der Runde darauf noch einmal an die Box kommen. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich, dass ich danach am Ende des Feldes liegen würde. Aber ich hatte wohl Glück im Unglück, weil ich tatsächlich nur wenige Plätze verloren habe. Es ist immer enttäuschend, wenn man auf einer schlechteren Position ins Ziel kommt, als man losgefahren ist. Allerdings war meine Pace das gesamte Wochenende über richtig gut. Zudem konnte ich heute wichtige Punkte für das Team und mich einfahren. Einer meiner ersten Gedanken heute Morgen war, dass ich für Niki ein gutes Rennen hinlegen wollte. Ich wollte für ihn gewinnen. Das hat am Ende leider nicht geklappt, aber wenigstens hat es Lewis geschafft. Deshalb bin ich mir sicher, dass Niki stolz darauf wäre.
Toto Wolff
Dieses Ergebnis bedeutet uns sehr viel. Es war eine weltmeisterliche Leistung für einen Weltmeister, der leider nicht mehr unter uns weilt. Das Rennen hätte nicht dramatischer verlaufen können. Entsprechend bin ich erleichtert, dass es vorüber ist. Lewis hat heute in einem wahnsinnig hart umkämpften Rennen gegen Max fantastische Arbeit abgeliefert. Rückblickend wissen wir, dass die Reifenwahl bei Lewis falsch gewesen ist. Wir hätten bei seinem Stopp auf die harten Reifen wechseln müssen. Aber so etwas passiert und zu diesem Zeitpunkt dachten wir, dass der Medium-Reifen die richtige Wahl war. Heute hat der Fahrer den Unterschied ausgemacht und sich das Rennen perfekt eingeteilt. Valtteri erlebte einen schwierigeren Tag. Er verlor bei seinen Stopps einige Positionen durch den Zwischenfall mit Verstappen in der Boxengasse, aber er zeigte eine starke Leistung und wird ganz sicher gestärkt daraus hervorgehen. Der heutige Sieg war unheimlich hart erkämpft und bevor es nach Kanada geht, folgen mit Nikis Beerdigung in Wien noch einige schwierige Tage für uns.
Andrew Shovlin
Wir wollten dieses Rennen für Niki gewinnen, aber in Monaco ist das einfacher gesagt als getan. Zu Rennbeginn bestand ein geringes Regenrisiko und obwohl es nicht so eingetroffen ist, bedeutete es, dass wir etwas härter angegriffen haben, um einen Vorsprung auf das Mittelfeld herauszufahren. Die Safety-Car-Phase kam deshalb früher als es uns lieb gewesen ist und rückblickend hätten wir auf den harten Reifen wechseln sollen. Aber wir waren wegen des Aufwärmens der Reifen beim Re-Start besorgt. Deshalb haben wir uns für den Medium-Reifen entschieden, was Lewis das Leben erschwerte. Diese Entscheidung werden wir uns genauso wie die zugrundeliegenden Informationen noch einmal genau ansehen. Wir sind sehr dankbar dafür, dass Lewis das Rennen bis zum Ende so im Griff hatte - er musste richtig hart für den Sieg kämpfen. Valtteris Rennen wurde durch die Safety-Car-Phase beeinträchtigt. Wir dachten, dass die Freigabe von Red Bull okay war, aber Max hätte genug Platz gehabt, um Valtteri mehr Raum zu geben, anstatt ihn in die Mauer zu drücken. Dabei ist die Felge vorne rechts gebrochen, was zu einem Reifenschaden und einem weiteren Boxenstopp führte. Danach waren Valtteris Möglichkeiten eingeschränkt. Das Auto hatte eine gute Pace, aber hier kann man einfach nicht überholen. Entsprechend erlebte er ein frustrierendes Rennen hinter Vettel. Es war ein kleiner Trost, dass Valtteri nach der Zeitstrafe für Max wenigstens noch auf einen Podestplatz aufrückte. Hut ab vor der Leistung von Lewis. Wir haben ihm heute das Leben schwieriger gemacht, als es nötig war, aber in Gedanken sind wir natürlich alle bei Niki und seiner Familie. Er war in den vergangenen Jahren ein wichtiger Teil dieses Teams und wir haben alle sehr von seinem Wissen profitiert und auch davon, dass er immer Tacheles geredet hat. Niki ist einfach unersetzlich und er hätte von uns nur eins verlangt: 100 Prozent zu geben und hart zu fahren - und genau das werden wir machen.
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