Und es hat Blitz gemacht. Welcher Autofahrer kennt diese Schrecksekunde nicht? Doch oft besteht die Möglichkeit die Geschwindigkeitsübertretung abzuwehren. Jährlich bekommen rund 2,8 Millionen Autofahrer Punkte in Flensburg, weil sie mindestens 21 km/h zu schnell unterwegs waren. Und dann beginnt die Suche nach den Strohhalmen: War der Blitzer überhaupt geeicht? War nicht eigentlich das Auto neben mir gemeint? Kann man denn gar nichts machen? Doch man kann, aber es ist nicht einfach. Es kommt auf die Art des Vergehens und die Umstände an.
Mit Glück passiert gar nichts
Erst einmal Ruhe bewahren. Hat man großes Glück, passiert gar nichts. Kommen der Anhörungsbogen oder bereits der Bußgeldbescheid, ist zu klären, ob die Fristen gewahrt sind. Die Verjährungsfrist beträgt für Ordnungswidrigkeiten drei Monate. Die zuständige Behörde muss innerhalb dieser Frist eine Maßnahme gegen den verantwortlichen Fahrzeugführer ergreifen. Eine solche Maßnahme ist bereits die Anordnung, einen Anhörungsbogen zu versenden. Das Datum dieser Anordnung findet sich nicht auf dem Anhörungsbogen, sondern nur in der Ermittlungsakte. Ob die Verjährung unterbrochen wurde, lässt sich daher nur mit Hilfe eines Anwalts nach Einsicht in die Ermittlungsakte klären.
Vor Erlass eines Bußgeldbescheides erhält man die Gelegenheit zur Stellungnahme. Üblicherweise wird hierzu ein Anhörungsbogen verschickt, in dem die Umstände der Ordnungswidrigkeit näher beschrieben sind. Bei den Ausführungen des Betroffenen ist zwischen den Angaben zur Person und den Angaben zur Sache zu unterscheiden. Während es sich bei den erfragten Personendaten um sogenannte Pflichtangaben handelt, steht es dem Betroffenem frei, sich zum Tatvorwurf zu äußern. Hier sollten laut den Juristen vom ADAC allenfalls solche Ausführungen gemacht werden, die eine abweichende Bewertung des Vorfalls rechtfertigen.
Macht der Befragte von seinem Schweigerecht Gebrauch, so darf die Bußgeldstelle hieraus keine negativen Schlüsse ziehen und muss alternative Methoden der Fahrerermittlung ergreifen. Dazu können auch Hausbesuche gehören. Das Recht zum Schweigen besteht dann, wenn der Betroffene sich selbst oder einen nahen Angehörigen als verantwortlichen Fahrer belasten würde. Führen Ihre Angaben als Betroffener im Anhörungsbogen nicht dazu, dass der Tatvorwurf fallengelassen und das Verfahren eingestellt wird, erlässt die Behörde einen Bußgeldbescheid. Dieser ist mit zusätzlichen Gebühren verbunden.
Zustellung
Die Zustellung des Bußgeldbescheids erfolgt in der Regel durch die Post mit Zustellungsurkunde. Dabei wird ein Umschlag nach amtlichem Muster verwendet. Dieser enthält sowohl das Schriftstück als auch einen vorbereiteten Vordruck der Zustellurkunde. Der Postbedienstete übergibt das Schriftstück dem Adressaten, einer Ersatzperson oder legt es in den Briefkasten. Erfolgt die Zustellung durch das Einlegen in den Briefkasten des Adressaten, so wird damit bereits der Beginn der Einspruchsfrist ausgelöst.
Gegen den Bußgeldbescheid kann innerhalb einer Frist von 14 Tagen Einspruch eingelegt werden. Innerhalb dieser Frist muss der Einspruch bei der Bußgeldbehörde eingegangen sein, wenn eine Überprüfung des Vorwurfs durch das Gericht ermöglicht werden soll. Spätestens jetzt sollte ein Anwalt eingeschaltet werden. Läuft die Frist ohne Einspruch ab, so wird der Bußgeldbescheid rechtskräftig. Eine weitere Überprüfung ist dann ausgeschlossen.
Ausnahme: Nur wenn die Einspruchsfrist nachweislich ohne eigenes Verschulden versäumt wurde, kann die sogenannte Wiedereinsetzung beantragt werden. In diesem Fall muss gleichzeitig mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung der versäumte Einspruch nachgeholt sowie belegt werden, weshalb die Einspruchsfrist nicht eingehalten werden konnte.
Hauptverhandlung
Wird das Verfahren nicht nach dem eingelegten Einspruch eingestellt, bestimmt das Amtsgericht einen Termin zur Hauptverhandlung. Als Betroffener ist man zur Anwesenheit verpflichtet. Das Gericht versucht, den zugrundeliegenden Sachverhalt vollständig aufzuklären, wobei Beweismittel - wie beispielsweise das Frontfoto - eingesehen und Zeugen vernommen werden. Das Amtsgericht entscheidet durch Urteil. Dieses Urteil kann nur unter sehr engen Voraussetzungen mit einer Rechtsbeschwerde angegriffen werden.
Zweifel am Messverfahren
Sofern die Richtigkeit eines Messverfahrens in Zweifel gezogen wird, kann das Gericht einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragen. Solche Begutachtungen sind oftmals sehr aufwendig und entsprechend teuer. Nach der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht, ob das Verfahren eingestellt, der Betroffene freigesprochen oder verurteilt wird. Immerhin: Unter Berufung auf ein Sachverständigenbüro aus dem Saarland berichtet das Anwaltsbüro GKS aus Wuppertal, dass in Süddeutschland von April 2007 bis Januar 2013 von rund 15.000 Messungen nur 44 Prozent als fehlerfrei bestätigt wurden. Mit anderen Worten: Mehr als die Hälfte aller Geschwindigkeitsmessungen hatten Fehler.
Aber ohne Rechtsschutzversicherung ist wenig zu erreichen. Der Laie ist schnell überfordert. Aber auch eine Rechtsschutzversicherung steigt nicht immer ein. Oft gilt als Voraussetzung, dass es zumindest eine gewisse Chance auf Erfolg geben muss, weil sonst ein Kampf gegen Windmühlen entsteht. Und da ist den Versicherungen ihr Geld zu schade. Helmut Weinand
Foto: ADACampnet/E-Mags Media
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