Die G-Klasse hat ihren Ursprung bekanntlich in einer 1972 beschlossenen Übereinkunft zwischen der Daimler-Benz AG und der damaligen Steyr-Daimler-Puch AG im österreichischen Graz. Zur Markteinführung im Jahr 1979 wurde die G-Klasse unter zwei verschiedenen Marken-Bezeichnungen angeboten: In Österreich, der Schweiz und den Ländern des COMECON wurde sie als Puch vertrieben, in allen anderen Ländern trug sie den Mercedes-Stern. Erst seit 2000 wird die G-Klasse weltweit unter der Marke Mercedes-Benz vertrieben. Mercedes oder Puch? Das war dem Schweizer Globetrotter Tobias Guggenbühl eigentlich egal. Seine Anforderungen an ein Reisemobil waren keine Frage der Marken- bzw. Modellbezeichnung. Er wollte einen Geländewagen, in dem er kochen und übernachten konnte. Hin und wieder mal eine Dusche, das wäre auch nicht schlecht. Schließlich wollte der Zahnarzt unabhängig von Campingplätzen sein. Der altehrwürdige Puch 300 GD mit mehr als 3 Jahrzehnten auf dem Buckel gab ihm, wonach er verlangte.
G-Klassiker mit Puch-Emblem
Mit „sehr, sehr viel Glück und Charme“ konnte Guggenbühl vor rund einem Jahr von einem renomierten Architekten aus St. Moritz einen 300-er GD abkaufen. Zu einem, na sagen wir mal, ausgesprochen günstigen fünfstelligen Franken-Preis. Erstbesitzer des kantigen Kult-Allradlers war die Sauber AG - ja, die Firma von Peter Sauber, die nicht nur Offroad, sondern auch in der Formel 1 unterwegs war. Der Wagen war - und ist - offenbar in einem für sein Alter ausgesprochen guten Zustand. Denn: „Als ich das letztmals mit dem Auto in der Werkstatt war, bot man mir das Doppelte meines einstigen Kaufpreises an“, freut sich der Zahnarzt.
Umfassende Fahrzeug-Biographie
Zum G gab es einen dicken Ordner mit allen Belegen, Rechnungen, und Service-Unterlagen der letzten Jahre. „Wenn ich die Summen der letzten Jahre zusammen rechne, wird klar, dass nicht nur das Nötigste gemacht wurde, sondern dass richtig in das Auto investiert wurde“, so Guggenbühl. Ursprünglich war das Fahrzeug einmal weiß, wurde aber irgendwann in weizengelb lackiert.
Dem G wird auf den Zahn gefühlt
Da ihn sein Beruf zeitlich sehr beansprucht, konnte er nur an den Abenden und den seltenen freien Wochenenden an seinem kleinen Projekt arbeiten. Außerdem gibt er unumwunden zu, dass „man so einiges wohl hätte professioneller machen können“.
Eine der Grundbedingungen für Guggenbühls Um- bzw. Ausbaus seines G war, dass dieser innerhalb einer guten halben Stunde wieder rückgängig gemacht werden kann.
Gut bedacht
Einen massiven und verzinkten Dachträger für die zugelassene Dachlast von 300 Kilogramm fand der Schweizer auf einer Auktions-Plattform im Internet. Rund 2.000 Schweizer Franken hatte den Vorbesitzer die Spezialanfertigung gekostet. Um Höhe zu sparen, sägte Guggenbühl den Korb des Dachträgers schlicht ab. Denn obenauf sollte ein Maggiolina Dachzelt für Lebensgefährtin Sarah und den Besitzer des G montiert werden. Was sich als „grosser Denkfehler“ herausstellte. Denn der G passte mit Dachträger und montiertem Dachzelt nicht mehr in die Garage. „Peinlich“, so gibt Guggenbühl zu. Und er ergänzt schmunzelnd: „Zum Glück konnte ich das Dachzelt teurer wieder verkaufen als ich es erworben habe“.
G als Schlafwagen
Damit war es ziemlich klar: Eine andere Lösung muss her. Schlafen im - und nicht auf dem - Wagen. Zuerst einmal baute Guggenbühl die Rückbank des G aus, um Platz zu schaffen. Da im Heck des G nur rund 180 Zentimeter zur Verfügung stehen, und er doch fürs Schlafen gerne eine Länge von zwei Metern hätte, musste eine einfache Konstruktion her. Schiebt man die Sitze im Fahrerhaus ein wenig nach vorne, lässt sich die Liegefläche, die aus einem fest montierten hinteren und einem überlappenden vorderen Brett besteht, ohne Umklappen auf zwei Meter Länge „ausfahren“. Die acht Zentimeter dicke Visko-Matratze ruht auf zwei Holzablagen. Für den hinteren Teil des Bettes sind auf beiden Seiten Winkel verschraubt. Der vordere Teil des wird ganz einfach auf die vorhanden Montagevorrichtung der Rückbank gelegt. Ganz vorne ruht das Brett auf Tischbeinen. Von der Holzunterlage bis zum Dach gibt es - ohne Matratze - eine lichte Höhe von 72 Zentimeter. Unter dem Bett finden Kisten mit einer maximalen Höhe von bis zu 45 cm Platz.
Scheibentönung muss sein
Damit man im Fahrzeug auch ungestört schlafen kann, entschied sich Guggenbühl gleich für zwei Massnahmen. Eine Tönung der Scheiben im Heck schützt nicht nur wirksam vor neugierigen Blicken, sondern reduziert auch die Wärme im Auto. Den lichtundurchlässigen dicken Stoff für die Vorhänge erwarb der Schweizer relativ preisgünstig bei einem unmöglichen schwedischen Möbelhaus. Freundin Sarah half ihm „zum Glück“ beim Nähen. Der Vorhang besteht aus insgesamt vier Teilen, deren Enden sich mit Klettverschlüssen verbinden lassen.
Komplette Camperausstattung
Hinter dem Beifahrersitz wurde ein 20 Liter fassender Wasserkanister mit elektrischer Wasserpumpe montiert. Die Konstruktion taugt beim Campen abseits der Piste auch als mobile Dusche. Damit im Auto gekocht werden kann, musste eine improvisierte Küche her. Zur Montage an der Hecktür baute der Zahnarzt daher einen ausklappbaren Tisch. Es fehlte noch ein Kühlschrank sowie dessen Stromversorgung.
Guggenbühl entschied sich für eine Engel Kühlbox sowie für eine zweite Optima Yellow Verbraucher-Batterie. Da er verhindern wollte, dass er wegen Strommangel sein Auto nicht mehr starten kann, ließ er bei der Installation der Elektrik die Starter-Batterie aus dem Spiel. Zweitbatterie und Kühlbox wurden auf einen praktischen Auszug montiert. Der Auszug baut auf einer massiven Eisenplatte auf, die an den vorhandenen Befestigungsschrauben der Rückbank befestigt ist. Die Bordbatterie wird bei laufender Lichtmaschine geladen und hält mit 75 Ah die Engel Kühlbox für ganze drei Tage auf 6° Celsius. Rechts vom Handschuhfach wurde ein kleiner Wechselrichter eingebaut. Dieser arbeitet via Sicherung und Relais nur bei laufendem Motor.
Passt: Das Vorzelt schütz vor Sonne und Regen
An den Dachträger passt über eine Kederschiene ein 240 x 300 cm grosses Vorzelt, das vor Sonne und Regen schützt. Auf dem Dachträger selbst reisen zwei Fahrräder mit.
Auf große Fahrt mit dem G
Rund drei Monate hat der Ausbau gedauert. Die erste größere Reise hat der G mittlerweile schon hinter sich. In drei Wochen ging es von Zürich die ganze italienische Ostküste hinunter bis nach Apulien und dann die Ostküste am Mittelmeer wieder hoch. Der Ausbau hat den Test bestanden, „er hat sich zu hundert Prozent bewährt,“ so der Zahnarzt. „Ich würde am ganzen Ausbau nichts ändern, ausser künftig eventuell ein paar gute Musik CDs einpacken - Oldies natürlich“. Gute musikalische Unterhaltung dürfte auch nicht schaden, wenn Guggenbühl zu seiner Traumreise aufbricht. Sein Ziel ist die Teilnahme an der Baltic Rally. Im Jahre 2018 soll es so weit sein. Selbstverständlich mit dem G.
Text: Gerhard Prien, Fotos: Tobias Guggenbühl (48), Valentin Luthiger (10)
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